Aus unserem Gemeindeblatt „Uns Kirch“
Kreuz
Spielplatz an der Ostsee
Hermannshöhe
Liebe Leserin,
lieber Leser,
die Tage, in denen ich dieses Grußwort bedenke, sind bewegt. Die Fußball-EM ist gerade beendet. In der Flüchtlingskrise und deren Bewältigung wurde durch Bürgerverträge in Hamburg ein drohender Volksentscheid abgewendet. In Nizza gab es einen gewaltsamen Anschlag mit über 80 Toten durch einen in die Menschenmenge gesteuerten LKW. Einen Tag später wurde ein Militärputsch in der Türkei versucht.
Die Medien berichten ausgiebig. Manches wirf mehr Fragen auf, als beantwortet werden. Rasend schnell geht das. Die Informationen - und mit ihnen auch die Interpretationen - überschlagen sich förmlich.
Manchmal weiß ich gar nicht, woran ich wirklich bin. Manchmal komme ich einfach nicht mehr hinterher. Da tut eine Pause gut! Einmal raus an die frische Luft. Etwas anderes sehen. Den Kopf frei bekommen. Solche Momente sind wertvoll. Sie lassen tatsächlich oft einen anderen Blick zu.
Für mich sind die freien Stunden mit der Familie - meiner Frau und den kleinen Kindern - solche Luftholmomente. Atempause! Dann kann ich beobachten, spielen und anderen Gedanken Raum geben.
So an einem montäglichen Ausflug an das Brodtener Steilufer an der Ostsee. Nach einem Spaziergang und ordentlich Wind um die Nase, fanden die Kinder auf einem Spielplatz Gelegenheit ausgiebig zu toben. Mich faszinierte eines der Spielgeräte: Ein Kletternetz. Bunte Seile. Fest kreuzweise miteinander verbunden. Einige schon leicht angerissen und aufgespleißt. Dennoch tragfähig und verläßlich.
Ein Netzwerk.
Von so etwas ist heutzutage immer wieder die Rede: Netzwerke als Sicherheit, die in schwierigen Situationen eine wichtige soziale Funktion haben. Vernetzte Institutionen, die voneinander wissen, die miteinander verbunden sind und die so Menschen auffangen können. Aber auch digitale Netzwerke, die Informationsaustausch ermöglichen, in denen Facebook und Twitter in Sekundenschnelle Bilder, Berichte und Töne um die Welt senden.
Manchmal wird der Begriff des Netzwerkes aber geradezu inflationär gebraucht. Beispielsweise dann, wenn man eigentlich keine Lösung für ein Problem hat aber gerne auf die Notwendigkeit eines Netzwerkes hinweist. Ein Netzwerk lebt aber insbesondere von den einzelnen Teilen. Es kommt darauf an, in welcher Beziehung diese zueinander stehen und wie dicht sie miteinander verbunden sind. Je stärker die Beziehungen und je enger die Verknüpfungen desto größer ist die Tragfähigkeit. Desto wirkungsvoller ist das Netzwerk. Sind die Knoten zu weit auseinander, rutscht schonmal ein Kinderfuß hindurch. Das tut weh! Das verunsichert und läßt einen woanders nach Halt suchen.
Vielleicht ist das gerade in diesen Tagen so, dass gewohnte und verläßliche Abläufe und Strukturen unsicher werden und nicht mehr so tragfähig sind, wie erwartet.
Und gerade auch in der Kirche ist von Strukturprozessen die Rede. Davon, dass das kirchliche Leben den gegenwärtigen Rahmenbedingungen der weniger werdenden Kirchenmitglieder angepasst werden muss. Da geht einiges Vertraute auseinander. Beziehungen gehen verloren. Und all das, was ehemals hauptamtlich geleistet worden ist, kann eben nicht ehrenamtlich aufgefangen werden. Das wäre pure Überforderung.
Und dennoch: Das „Netzwerk Kirche“ lebt von den Kreuzungsknotenpunkten - Es lebt vom Kreuz! Davon, dass wir als Christinnen und Christen in Beziehung zu Christus leben dürfen. Jenseits jeder Strukturdebatte ist das für mich das Entscheidende und Reizvolle: Immer wieder zu schauen, wo der eigene Platz in dieser Gemeinschaft ist. Was mir gut tut und mich trägt! Wo ich mittun und was ich dazu beitragen kann.
Mit diesen Gedanken wünsche ich allen einen gesegneten Herbst 2016.
Ihr Pastor Michael Ostendorf
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