02 VorWeg
Ein Buch. Ein Buch für Jugendliche und (junge) Erwachsene. Kein Comic. Kein Manga. Kein Facebook-Post. Keine WhatsApp-Meldung. Kein Skype. Ja, nicht einmal ein Bild. Geht das überhaupt? Ist das nicht ein Widerspruch in sich: Ein Buch für junge Leute?
Aber leider fehlt mir für einen Comic das zeichnerische Talent und für einen Film das technische Know-how und die Phantasie der künstlerischen Umsetzung. Also nutze ich Worte und die Bildhaftigkeit der Sprache. Das hat den Vorteil, dass du dich da mit deiner eigenen Phantasie einbringen kannst. Und du kannst das Tempo, mit dem du voran- gehen willst, selbst bestimmen. Du kannst auch mal zurückblättern, wenn du etwas vergessen hast oder nachschlagen willst. Dir mit Bleistift Sätze unterstreichen oder Gedanken am Rand markieren. Und du kannst das Buch auch mal weglegen. Pause machen. Außerdem gibt es schon so viele tolle Bücher über den christlichen Glauben, die ganz und gar – vom Stil her – für junge Leute gemacht sind.
Glaube ist nicht wissen, oder? Wenn ich als Kind irgendeine Frage mit „Ich glaube schon!“ beantwortet hatte, sagte mein Vater immer zu mir, „Glauben ist nicht wissen und nicht wissen heißt, nochmal machen!“ Und dann musste ich mich noch einmal an die Arbeit machen. Das war bei Schularbeiten so und auch bei den häuslichen Pflichten nicht anders.
Ein Gegensatz? Für manche Menschen scheinen Glaube und Wissen Gegensätze zu sein. Glauben ist eben nicht Wissen. Die Annahme, es gäbe einen Gott, soll immer wieder wissenschaftlich fundiert werden. Gottesbeweise werden auch heute immer wieder probiert. Aber ebenso wird Gott auch geleugnet. Es wird versucht zu beweisen, dass es Gott nicht geben könne. Und je mehr wissenschaftliche Erkenntnis gewonnen wird, desto mehr wird der „Zauber der Schöpfung“ entschlüsselt.
Manche meinen, Gott sei genau das, was die Wissenschaft nicht hinterfragen und beantworten könne. Gott füllt dann die Lücke der Erkenntnisfähigkeit aus. Zugegeben: Mit wachsender Erkenntnis wird diese Lücke immer kleiner. Der Raum für Gott scheinbar immer enger. Auf der anderen Seite wehren sich Menschen gegen diese Herangehensweise und befürchten, dass dann für Gott gar kein Platz mehr bliebe. Vielleicht leben moderne Menschen größtenteils tatsächlich ohne Glauben, so, als ob es Gott nicht gäbe. Vielleicht ist es aber auch so, dass sich moderne Menschen von den festgefügten Gedanken nicht mehr wahrgenommen und in ihrer Lebenswirklichkeit nicht mehr verstanden fühlen. Vielleicht suchen sie jenseits dieser organisierten und institutionalisierten Gläubigkeit, weil diese für sie nicht mehr stimmig und passend ist. Weil die Antworten den Fragen nicht entsprechen.
Für mich schließen sich Glaube und Wissen nicht gegenseitig aus. Für mich ist Gott kein Lückenbüßer, für das, was ich nicht weiß. Es kann aber auch keine Glaubensaussage formuliert werden, die gegen das Wissen ansteht. Ebenso aber auch keine wissenschaftliche Aussage, die nicht in irgendeiner Form auf einer Annahme beruht. Glaube gegen Wissen wird - für mich - starrer Dogmatismus. Wissen, das behauptet, wirklich alles endgültig schlüssig beantworten zu können, ebenso. Die alles entscheidende Frage bliebe dann, warum der Mensch allzu oft wider besseres Wissen handelt.
Dass Menschen über ihre Lebenswelt, über Vergangenheit und Zukunft und damit über sich selbst hinaus denken können, bringt sie mit anderen Menschen und deren Glaubens- und Lebenswelten in Verbindung. In dieser Beziehung stehen wir zwangsläufig. Keiner von uns lebt im luft- und beziehungsleeren Raum. Wir lernen und begreifen, denken und fühlen so, wie wir es durch die Vermittlung anderer beigebracht bekommen. Das gilt für den Glauben, wie auch für das Wissen. Der Glaube muss sich in dieser Welt bewahrheiten und für Menschen wesentlich sein. Ansonsten wird er keine Bedeutung mehr haben.
Selbständig werden wir dann, wenn wir beginnen, das alles zu hinterfragen, mit eigenen Erfahrungen zu füllen, Antworten zu wagen und das eigene Leben damit zu gestalten. Und manchmal bedeutet das dann tatsächlich: Nochmal machen! Nochmal prüfen, in welcher Beziehung unser Glaube und unsere Erfahrung stehen. Prüfen, ob unser Glaube unserer Erfahrung und unserem Wissen tatsächlich entspricht. Glaube will tatsächlich bedacht werden!
„Glauben ist nicht wissen, oder?“ ist der Versuch, Fragen, Themen und Inhalte des christlichen Lebens aufzugreifen und insbesondere für Jugendliche aber auch Erwachsene zu formulieren. Und schon bei dieser Formulierung stoße ich an Grenzen. Ich merke, dass es mir unmöglich ist, etwas für Jugendliche oder andere Menschen zum Ausdruck zu bringen.
Mir geht es um den Glauben. Besser: Um den Glauben an Jesus Christus! Dieser Glaube ist persönlich und individuell. Ich kann ihn gar nicht für andere zur Sprache bringen. Ich kann nur von meinem Glauben und meinen eigenen Erfahrungen damit reden. Ich kann nur beschreiben, was Glaube mir bedeutet und warum Glaube für mein persönliches Leben wichtig ist. Das möchte ich gerne tun! Dazu gehört für mich aber auch all das, was ich bis jetzt gelernt, verstanden, gefühlt, begriffen und erfahren habe. Du wirst mich also ganz persönlich kennenlernen! Gleichzeitig mute ich dir auch zu, deine Erfahrungen einzubringen. Von deinem Glauben zu erzählen, von dem, was dir wichtig ist!
Vielleicht wird darin etwas von dem lebendig, wovon Jesus gesprochen hat. Was er mit Leben gefüllt hat. Womit er Menschen ermutigt hat. Worin er für sie glaubwürdig geworden ist.
Dein Pastor-X
Michael Ostendorf