Licht zum Jahreswechsel

Uns Kirch 54

Licht

Harzer Frosch

Rammelsberg - Goslar

Foto: Michael Ostendorf

Liebe Leserin, 

lieber Leser von UNS KIRCH,


nun ist schon wieder Advent! 


Ein erstes Licht brennt. Voller Erwartung auf die Ankunft Jesu Christi werden Wochen und Tage gezählt. 


Damit geht ein neues Kirchenjahr los: Warten und Erwartung, Licht ins Dunkel bringen. 


Jetzt, da ich diese Zeilen schreibe, ist Ende Oktober. Die Abendsonne scheint wärmend ins Fenster. Das restliche Laub an den Bäumen glitzert gelbgolden. Ein Laubbläser tönt mit den 17:00 Uhr Glocken um die Wette. Gleich wird die Sonne untergehen. Auf dem Deich wird es düster. Dann heißt es: Licht anmachen! 


Wenn das mit dem Licht anmachen mal immer so einfach wäre! Wenn es für jede Situation im Leben einen Schalter gäbe, der auf Tastendruck die Dunkelheit beenden könnte. 


Wieder geht ein Jahr zu Ende, in dem es Corona bedingte einschneidende Maßnahmen gegeben hat. An ein wirklich normales Leben war kaum zu denken. Und dennoch gab es tolle, spannende und auch erholsame Momente. In der Gemeinschaft unserer Dörfer, in den Gemeinden und auch im Familiären. Alles noch auf Sparflamme, aber doch möglich. 


Von einem dieser Momente habe ich Ihnen ein Foto mitgebracht. Ein einziges Licht. Ein Orientierungspunkt. Im engen Schacht einer Bergwerksgrube im Harz. Dort waren wir für wenige Tage im Urlaub. Dort sind es alles nur noch Schaubergwerke. Gruben: längst stillgelegt und nur noch zur Anschauung für Touristen in einer Gruppen-Führung zu besichtigen. 


Für die Kinder gibt es eine „Kinderführung“. Da geht es kindgerecht ins Dunkel. Und auch die Erwachsenen werden mitgenommen. Irgendwann ist es dann ganz und gar düster. Stockdunkel. Eines der Kinder bekommt eine Lampe in die Hand. Sie wird mit einem Streichholz entzündet. Und dann gibt diese eine kleine Flamme ein warmes Licht. Plötzlich können die Augen wieder etwas erkennen. Das tut richtig gut! Da gewinnt man wieder etwas Sicherheit. Und auf den Gesichtern ist wieder ein Lächeln zu sehen. 


„Harzer Frosch“ heißt diese Lampe, die damals in den Gruben Licht gespendet hat. Im Schein dieses Frosches duften die Kinder dann mit Eisen und Schlägel etwas Erz-Gestein herausschlagen. Zuerst wurde sich nicht nicht richtig getraut. Es brauchte gutes Zureden. „Nun sei mal kein Frosch!“, „Trau dich!“. Ein kleiner glitzernder Brocken wurde als Mitbringsel ans Tageslicht befördert. 


Auf dem Weg dorthin gab es aber noch einen engen tiefen Gang zu meistern. Diesmal aber ohne Frosch. Ganz ohne Licht. Mit an den Wänden tastenden Händen. Jetzt konnte man uns Erwachsenen stöhnen hören. Auf dem ca. 90 Meter langen Weg waren die Kinder jetzt viel mutiger und schneller. 


Des Öfteren war das Klacken und Scheppern des Sicherheithelmes auf den Köpfen der Erwachsenen zu vernehmen, der gut hörbar gegen die niedrige Decke stieß und von einem fluchenden Ausruf kommentiert wurde. Scheun Schiet! Eine intensive Lektion in Sachen Vertrauen ist das für mich und uns gewesen. Und die Erfahrung, dass man manchmal nur ganz wenig braucht, um sich orientieren und schützen zu können. Ein Licht, einen Helm und die eigenen Sinne samt Fingerspitzengefühl. Vielleicht sind es genau diese Zutaten, die den Advent für uns zauberhaft werden lassen: Der göttliche Orientierungspunkt, ein äußerer Schutz und die einigen Kräfte. Die Möglichkeiten, die uns allen mit auf unseren je eigenen Lebensweg gegeben worden sind. Das zu sammeln - gerade auch dann, wenn es eng und dunkel scheint, wir uns den Kopf stoßen und uns langsam vortasten müssen - könnte ein guter Anfang sein. 


Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Adventszeit, ein schönes Christfest und ein gutes neues Jahr! 


Ihr Michael Ostendorf