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Stadtgärtner
Uns Kirch 39
Liebe Leserin,
lieber Leser,
da steht er. Leicht und locker, Turnschuhe, Polohemd über der Outdoorhose. Die Gießkanne spielend in der rechten Hand. Ein Lächeln unter dem etwas zu großen Strohhut. Ein Stadt-Gärtner.
Ein kleiner hingeklebter Sticker an einem der Pfeiler bei der Regattastrecke der Doven-Elbe. Der Streetartkünstler Tona hat diesen Sticker entworfen. Als kleinen Protest gegen das Verdichten und Zubauen von Flächen vielleicht. Die Stadt neu begrünen und verändern durch „urban gardening“.
Und nun ist dieser Gärtner hier bei uns. In den Marschlanden. Zwischen Allermöhe und Moorfleet, von wo aus der Gemüseanbau seinen Ausgang genommen haben soll. In einer Gegend die früher von vielen bewundernd als „Garten Eden“ bezeichnet worden ist. So schreibt es Ernst Finder 1935 in seinem Buch über die „Landschaft Billwärder“. Der Elbdeich als Schutz vor dem Westwind. Der sich durch Dampfentwässerung senkende Grundwasserspiegel. Das alles wirkte sich hier gut auf den Gemüseanbau aus. Und dennoch war und ist das wirklich harte Arbeit. Land urbar zu machen und zu kultivieren gehört zu den Marschlanden existentiell dazu. Und oft war und ist das ein Kampf. Ein Kampf gegen die Naturgewalten. Aber auch gegen die Verstädterung, gegen Konkurrenz und gegen die Missachtung von geleisteter Arbeit und erzielter Qualität. „Billig“ ist das Gute nicht zu bekommen.
Und auch jetzt, Ende Januar, beim Aufschreiben dieser Gedanken, steht das Grundwasser viel zu hoch, kann das Oberflächenwasser kaum ablaufen. Im Wasser der vielen Furchen spiegelt sich der meist graue Himmel. Im Heizungskeller der Dreieinigkeitskirche muss Wasser abgepumpt werden. Wie schön wäre es, so locker gärtnern zu können wie der kleine Tona-Sticker-Gärtner.
Aber Gärten sind nunmal kein Paradies. So gern wir es auch hätten. Adam wüßte ein Lied davon zu singen: Von wegen, macht euch die Erde untertan! Und auch Petrus und die anderen Jüngern Jesu könnten stöhnen: Von wegen, im Garten schlafen und ausruhen! Gärten spielen in der Bibel eine entscheidende Rolle. Gerade auch in der Passions- und Ostererzählung. Im Oliven-Ölbaum-Garten Gethsemane wird Jesus gefangengenommen und vor Gericht gezerrt.
Nach Kreuzigung und Sterben wird er in ein Gartengrab gelegt, so dass Maria von Magdala am Ostermorgen meinte, sie hätte es mit dem Gärtner zu tun. Auch Jesus hatte gekämpft. Gekämpft mit Menschen- und Naturgewalten, mit Tod und Leben. Aber nun steht das Grab offen. Der Keim neuen Lebens ist gesät. Da wird etwas neu. Noch unfassbar, aber neu! Dieser Moment atmet einen neuen Geist. Anders als noch bei der ersten Menschwerdung: Bei Adam, dem „von Erde genommenen“. Mit Jesus begegnen sich Himmel und Erde, Gott und Mensch, neu. Daran werden wir Menschen von Jesus beteiligt: „Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch!“ (Joh.20,21) In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen gesegneten Weg durch die Passions- und Osterzeit hindurch!
Ihr Michael Ostendorf