Die Unbehagensche Schule
>Unterstützt von >J.G.Gurlitt
>Schule in St.Georg
Die Sonntagsschule, die von Oncken und Rautenberg in St.Georg 1825 gegründet wurde, war durchaus nicht die erste Schule in St.Georg. Es gab schon die Schule, die durch Johann Andreas Christoph Unbehagen gegründet worden war.
Im Buch „Die Unbehagensche Schule in St Georg“, Renate Hauschild-Thiessen, in: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte, Band 56.1970, Seiten 25 bis 64 ist folgendes zu lesen:
„Gründer und Leiter der Unbehagenschen Schule in St. Georg, Johann Andreas Christoph Unbehagen, geboren am 8. Februar 1776, stammte aus Doberan, hatte in Rostock und Jena Theologie studiert und war dann Lehrer geworden. Mit seiner Braut Henriette Sophie Louise Ortstein aus Schwerin kam er im Dezember 1798 nach Hamburg, ließ sich in dem damals dänischen Wandsbek trauen und gründete 1800 eine Schule mit Pensionat, die zunächst nur Knaben, ab Michaelis 1802 aber auch Mädchen aufnahm. 1804 zogen Unbehagens vor die Tore der Stadt, in die Vorstadt St. Georg. Dies war damals noch recht ländlich. 1806 fanden sie das richtige Haus für ihre Schule. Im Parterre befanden sich: eine Diele, drei Zimmer, Küche und Speisekammer; im ersten Stock: ein Vorplatz mit eingebauten Schränken, ein Saal, zwei Zimmer und zwei Kammern; vom Vorplatz führte eine Treppe zum Boden, auf dem nochmals drei Kammern waren. Hinter dem Haus lag ein nicht sehr großer Garten, etwa 380 qm groß, mit verschiedenen Obstbäumen und Sträuchern, mit buchsbaumbesetzten Rabatten und einer Lindenlaube; ferner stand im Garten eine Pumpe und natürlich auch, wie damals üblich, die „Kommodite“ (Toilette).“
„Hier eine Schule einzurichten war nicht ohne Risiko. Nicht nur, weil die Zeiten schlecht waren; weil Hamburg von den Franzosen besetzt war; weil Handel und Schifffahrt durch die Kontinentalsperre lahmgelegt waren. Sondern auch und vor allem - und das gilt auch für die Jahre nach der französischen Herrschaft -, weil St. Georg damals so dünn besiedelt war; weil viele seiner Bewohner so arm und wohl auch so unverständig waren, daß sie kein Schulgeld bezahlen konnten oder wollten; und weil die Konkurrenz an Schulen recht beträchtlich war.“
„Die Unbehagensche Schule unterschied sich von Konkurrentinnen dieser Art von Anfang an äußerst vorteilhaft. Das lag im Wesentlichen daran, daß ihr Leiter kein „trübseliger Lehrer“ war, sondern ein unternehmungslustiger, pädagogisch begabter und kenntnisreicher Mann, der zudem in seiner Frau eine unschätzbare Hilfe hatte. Etliche der Schüler, Mädchen und Jungen, lebten als Pensionäre bei Unbehagens: Es gab mehrere Jungen aus Kuba und anderen Überseegebieten, deren Eltern in der Fremde Geschäfte machten, aber ihren Kindern eine Erziehung und Ausbildung in Hamburg bieten wollten. Einige Kinder wurden zu Unbehagens gegeben, weil ihre Eltern krank waren, einige, weil ihre Eltern nicht mit ihnen zusammenleben konnten oder wollten. Und es gab einen Jungen, der die Stadtluft und den Stress in Hamburg gesundheitlich nicht vertrug, bei Unbehagens aber gesund und glücklich war. Zusammen mit den Pensionären wurden die drei eigenen Söhne Unbehagens großgezogen, so dass alle wie eine Familie waren.“
Dr. Gurlitt, der Direktor des Johanneums war sehr von dem Unbehagenschen Institut eingenommen.
„Am 18. Oktober zog die Unbehagensche Großfamilie gewöhnlich hinaus auf das Heiligengeistfeld. Dort wurde der Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig begangen, mit einer Parade, mit Salutschüssen, Musikchören und einem ‚Lebehoch der Stadt Hamburg‘, ‚welches allgemein wiederholt wurde und lange nachhallte‘. Dazu gab es, in einem eigens dafür aufgebauten Zelt, Erfrischungen.“
„In der Hand von Unbehagen lag auch der Konfirmandenunterricht der Schüler, der dienstags und freitags abends stattfand. Unbehagens Christentum war noch vom Rationalismus geprägt; und die von der Erweckungsbewegung beeinflußte Frömmigkeit, die sich in den zwanziger Jahren bei einem Teil seiner Nachbarschaft zu entwickeln begann, behagte ihm nicht sonderlich. Als beispielsweise eine St. Georgen „unklug“ wurde und ins Krankenhaus eingeliefert werden mußte, gab er viel Schuld daran ‚den Predigten und Unterhaltungen von Pastor Rautenberg‘.“
Quellen: Stifter und Stiftungen im frühneuzeitlichen Hamburg, Imke Johannsen, V&R Unipress, 1.Auflage 2020, ISBN 978-3-8471-0935-8